Selbstliebe aus Sicht unseres Nervensystems
Wenn man sich heutzutage mit Achtsamkeit, Spiritualität und innerem Wachstum beschäftigt, so stößt man immer wieder auf den Begriff der Selbstliebe. Du kennst vielleicht den Satz: erst wenn ich mich selbst liebe, kann ich jemanden anderen lieben.
Aus meiner Sicht stimmt das nicht. Warum nicht, möchte ich dir aus der Sichtweise unseres autonomen Nervensystems (ANS) kurz erklären:
Das ANS ist bei uns Menschen dafür zuständig, auf unsere Umwelt zu reagieren und zu bewerten, ob wir uns gerade in Gefahr, in Lebensgefahr oder in Sicherheit befinden. Du kannst das ganz einfach überprüfen. Im Gefahrenmodus bist du angespannt und bereit zum Kampf oder Flucht. Du merkst das vielleicht, wenn dein Chef dich anmault, du kritisierst wirst oder dein Wert infrage gestellt wird.
In Modus „Lebensgefahr“ gehst du in den kompletten Rückzug und machst gar nichts mehr. Es ist so, wenn du in einer Grube sitzt und keine Chance hast, herauszukommen. Hält dieser Zustand an, so kann sich eine Depression entwickeln.
Im Sicherheitsmodus bist du völlig entspannt. Dein ANS nimmt im Außen keine Gefahr wahr, keiner der dich bedroht und es gibt nichts, gegen das du kämpfen musst.
Für jeden Zustand gibt es Trigger, also Auslöser, die den entsprechenden Zustand aktivieren. Und so gibt es Möglichkeiten den Sicherheitsmodus zu stärken.
Selbstliebe bedeutet nun laut vieler Definitionen:
Ich liebe mich so wie ich bin. Ich akzeptiere mich mit allen meinen Schwächen, ich nehme mich so an wie ich bin, ich gehe liebevoll mit mir um usw.
Das ist alles schön und gut. Nur gibt es an der ganzen Sache, einen kleinen, aber entscheidenden Haken. Denn wenn dein autonomes Nervensystem Gefahr signalisiert und dein Körper die Energie für Kampf oder Fluch bereitstellt, muss sich diese Energie entladen. Sie muss aus dem System wieder verschwinden. Erfolgt das nicht, dann ist er in einem Dauerzustand von Anspannung. Und in diesem Gefahrenmodus sollst du dann lernen dich selbst zu lieben.
Stell dir vor, du bist am Ertrinken und jemand sagt zu dir: Liebe dich so wie du bist. Das funktioniert rein aus biologischer Sicht nicht. Der Körper muss erst einmal gerettet und in Sicherheit gebracht werden.
Ist das gelungen, kannst du anfangen, Dinge zu tun, die dir guttun, die dein Herz erfüllen und dir wirklich Freude bereiten. Aber nur dann. Und wenn du lernst, das zu erkennen, so wird dir immer klarer, in welchem Zustand sich dein Körper gerade befindet. Du erkennst immer mehr, was dieser gerade benötigt, um wieder in den Zustand von Sicherheit zu gelangen. Und in diesem Zustand brauchst du dich dann übrigens auch nicht mehr um Selbstliebe zu kümmern. Denn vielleicht ist Selbstliebe und Sicherheit ja das Gleiche😉.